Gewürzkekse – Grüße aus dem Mittelalter
Ja, ich gebe es zu: Selbst bei Weihnachtsplätzchen bin ich immer auf der Suche nach dem gewissen gesunden Extra. Jetzt habe ich ein uraltes Rezept ausprobiert, das auch eine spannende Geschichte hat. Die sogenannten Nervenkekse stammen nämlich von Hildegard von Bingen, eine der herausragendsten Frauen des deutschen Mittelalters. Schließlich gilt die Nonne (1098-1179) als erste Naturforscherin und erste Ärztin. Sie war Dichterin, Komponistin und eine der größten Mystikerinnen. Daneben leitete sie zwei Klöster und beriet alle möglichen wichtigen Leute ihrer Zeit. Sie beschäftigte sich intensiv mit ganzheitlicher Medizin und in diesem Zusammenhang auch mit der Wirkung unserer Nahrung, die für sie oft Heilmittel war. Tja, und da kommen wir nämlich auch schon zum geschichtlich belegten, ganz frühen Gebrauch von Superfoods! In Hildegards Nervenkeksen zum Beispiel spielen drei Superfood-Gewürze eine große Rolle: Zimt, Muskatnuss und Nelken.
Superfoods im Mittelalter
Die Muskatnuss war für Hildegard von Bingen ein Universalmittel zur Stärkung von Nerven, Konzentration und Scharfsinn. Zudem soll sie entgiften und das Blut reinigen. Nelke wiederum bringt Energie und Zimt senkt den Blutzuckerspiegel. Über Zimt habe ich auch hier schon geschrieben. Alle drei Gewürze wirken antibakteriell und beruhigen den Magen. Deshalb seien die Plätzchen, so Hildegard, das perfekte Nervenfutter:
„Iss sie oft, und alle Bitternis deines Herzens und deiner Gedanken weiten sich, dein Denken wird froh, deine Sinne werden rein, alle schadhaften Säfte in dir minderer, es gibt guten Saft in deinem Blut und macht dich stark.”
Allerdings hat Muskatnuss in zu hohen Mengen halluzinogene Wirkung, deshalb wird Erwachsenen empfohlen, täglich höchstens sechs Kekse zu essen, Kinder sollen maximal drei zu sich nehmen. Die Plätzchen sind eben nicht einfach zum Naschen gedacht, sondern eher als Heilmittel. Wer das ursprüngliche Rezept mal ausprobieren will, hier die Zutaten:
Original-Zutaten für Hildegards Nervenkekse
1,5 kg Mehl / 45 g Zimt / 45 g Muskatnuss / 10 g gemahlene Nelken / 200 gemahlene Mandeln / 375 g Butter / 300 g Honig / 1/2 TL Salz / 4 Eier
Damit die Hildegard-Kekse auch als Weihnachtsplätzchen funktionieren, habe ich aber leicht abgewandelt ein Rezept von unserem Freund, dem großen Bäckermeister Arnd Erbel ausprobiert, das er an den heutigen Geschmack angepasst hat – mehr Honig, mehr Butter und viel weniger Gewürze. Und von diesen Plätzchen darf man dann auch etwas mehr essen, he he…
Gewürzkekse nach Hildegard von Bingen
Für ca. 100 Stück
- 375 g Dinkelmehl
- 5 g Zimt
- 5 g geriebene Muskatnuss
- 1 g gemahlene Nelken
- 250 g weiche Butter
- 125 g Honig
- 1 Prise Salz
- 1 Ei
Backofen auf 190 Grad vorheizen. Mehl, Zimt, Muskatnuss und Nelken mischen.
Butter, Honig und Salz schaumig schlagen. Ei einrühren. Alles mit der Mehlmischung zu einem sehr weichen Teig verkneten.
Mit einem Teelöffel aus dem Teig kleine Häufchen formen und auf ein mit Backpapier belegtes Backblech setzen. Das ist die Freestyle-Version. Wer es hübscher mag: Den Teig portionsweise in einen Spritzbeutel mit eher großer Sterntülle füllen und Rosetten aufs Blech spritzen.
Die Plätzchen im Ofen auf mittlerer Schiene etwa 14 Minuten backen.
Fertisch sind die Nervenkekse!
In Ihrer Information über Hildegard von Bingen schreiben Sie: Die Muskatnuss war für Hildegard von Bingen ein Universalmittel zur Stärkung von Nerven, Konzentration und Scharfsinn…. Wie kann es sein, dass der portugiesische Seefahrer Alfonso de Albuquerque die Muskatnuss 1512 von den Banda Inseln nach Europa brachte ? Hildegard lebte aber 1098-1179 ! — Somit konnte Hildegard die Muskatnuss noch gar nicht gekannt haben !
Es ist wichtig zu beachten, dass bei einem Erwachsenen Vergiftungserscheinungen bereits auftreten, wenn er über 4 Gramm Muskatnuss zu sich genommen hat.( Übelkeit, Schweißausbrüche).
Vielen Dank für Ihren Kommentar, doch die Muskatnuss war Hildegard von Bingen auf jeden Fall schon bekannt: In ihrem eigenen Werk “Physika” schreibt sie über Muskatnuss und ihre Nervenkekse (Seite 47, Kapitel 1-21, in der Ausgabe vom Chistiana Verlag, 2005). Und ja, in hohen Mengen ist Muskatnuss giftig, u.a. wirkt sie dann halluzinogen – worauf ich in meinem Blogbeitrag auch hinweise. Doch üblicherweise wird Muskatnuss wie alle Gewürze in geringen Mengen verwendet, so auch in meinem Rezept für die Gewürzkekse: die Menge von 5 g Muskatnuss bezieht sich ja auf 100 Kekse. Beste Grüße, Susanna
Hallo Susanna,
ich würde das Originalrezept gerne mal für meinen Freund ausprobieren. Leider verträgt er überhaupt keinen Honig. Kann ich den wohl durch Agavendicksaft ersetzen oder ist die beruhigende Wirkung dann hinfällig?
Danke für das interessante Rezept!
Liebe Tada, ich hab es selbst noch nicht ausprobiert, aber ich denke schon, dass es auch mit Agavensirup oder Ahornsirup klappt. Letzteren finde ich geschmacklich etwas passender, aber das ist nur meine subjektive Meinung. Wahrscheinlich musst du mit der Menge ein bisschen herumprobieren, weil ja die Süßkraft dieser Sirupe im Vergleich zu Honig ein bisschen anders ist. Viel Erfolg! Liebe Grüße, Susanna
ich finde hildegards nervenkekse sind sehr lecker aber woher hat sie früher die zutaten?
Liebe Alena, auch schon zur Zeit von Hildegard von Bingen gab es Handelsbeziehungen zu Südostasien, woher die meisten der exotischen Gewürze stammen. Natürlich waren sie damals bei uns noch viel wertvoller als heute. Liebe Grüße, Susanna
Ist das nicht der Wahnsinn? Hildegard von Bingen hat schon so viel richtiges erkannt und vor allem auch viele schöne Rezeptideen hinterlassen…Deine Nervenkekse kannte ich noch gar nicht, sie hören sich aber super lecker an! Kommt auf die Nachbackliste – Gewürzkekse esse ich auch außerhalb der Weihnachtszeit. 🙂
Ja, Emilie, ich bin auch total fasziniert! Und ich finde auch, dass diese Kekse sich fürs ganze Jahr eignen. Allerdings muss man wirklich den Geschmack von Muskatnuss mögen… 😉